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Selbstständigkeit in Deutschland

  • Autorenbild: simonhsr11
    simonhsr11
  • 18. Sept.
  • 6 Min. Lesezeit

Selbständigkeit

Die allgemeine Rechtsgrundlage für die berufliche Selbstständigkeit in Deutschland ist der Grundsatz der Gewerbefreiheit. Selbständig ist man dann, wenn sogenannte selbständige Arbeiten ausgeführt werden. Dies sind Tätigkeiten, die nicht in einem abhängigen Arbeitsverhältnis durchgeführt, jedoch mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, vorgenommen werden. Eine Selbständigkeit liegt vor, wenn man:


  • eigenverantwortlich arbeitet,

  • frei über Arbeits- und Betriebsmittel verfügt,

  • in keine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist und

  • keinem Weisungsrecht unterliegt.


Ein Selbständiger führt also ein eigenes betriebliches Konzept aus, ist in der Zeiteinteilung und bei der Wahl des Arbeitsorts selbstbestimmt und auch an keinen Arbeitgeber gebunden. Ferner nimmt er am allgemeinen Wirtschaftsleben teil und beabsichtigt mit dieser Tätigkeit Gewinn zu erzielen.

 

Gewerbetreibende und Freiberufler

Als Selbständiger ist man entweder ein Gewerbetreibender oder Freiberufler.

Gewerbetreibender im Sinne des deutschen Gewerberechts ist jeder, der ein Gewerbe betreibt. Ein Gewerbe wird durch die folgenden Merkmale gekennzeichnet:


  • Selbständigkeit,

  • Gewinnerzielungsabsicht,

  • Dauerhaftigkeit,

  • Die Tätigkeit wir beim Gewerbeamt angemeldet und unterliegt der Gewerbesteuer.


Sofern keine Anhaltspunkte für eine freiberufliche Tätigkeit vorliegen, sind Selbständige zunächst einmal grundsätzlich Gewerbetreibende. Man muss sein Gewerbe beim Gewerbeamt anmelden und unterliegt der Gewerbesteuer.

 

Selbständige können jedoch auch als Freiberufler tätig sein. Eine freiberufliche Tätigkeit ist nach deutschem Recht kein Gewerbe. Freiberufler unterscheiden sich von Gewerbetreibenden durch eine „besondere berufliche Qualifikation“ und die „eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art“. Eine freiberufliche Tätigkeit erfordert keiner Anmeldung beim Gewerbeamt und unterliegt keiner Gewerbesteuer. Man unterliegt nicht der  Gewerbeaufsicht und braucht keine aufwendige kaufmännische Buchführung zu führen.

 

Die Vorschriften definieren freiberufliche Tätigkeiten (sogenannte Katalogberufe), jedoch bilden sie keine abschließende Aufzählung. Zusätzlich ist hier die Rechtsprechung heranzuziehen. Laut Gesetz sind bereits folgende Berufe als selbständig anerkannt:


  • Heilberufe, z. B. Ärzte, Heilpraktiker, Psychologen,

  • rechts- und steuerrechtsberatende Berufe, z. B. Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater,

  • naturwissenschaftliche und technische Berufe, z. B. Ingenieure, Architekten,

  • Kulturberufe, z. B. Journalisten, Künstler,

  • Dolmetscher und Übersetzer.

 

Katalogähnliche Berufe, das heißt Berufe, die durch die deutsche Rechtsprechung als freiberuflich eingestuft werden, sind beispielsweise folgende Berufe:  Anwenderprogrammierer, Designer, EDV-Berater, Fotograf, Grafiker, Grafikdesigner, Schauspieler, Systemanalytiker, Werbetexter.

Für einige Freie Berufe, wie z. B. Apotheker, Rechtsanwälte und Architekten, ist eine Mitgliedschaft in einer Standeskammer verpflichtend.

Auch bei der Krankenversicherung gibt es bei den freien Berufen Sonderfälle. So müssen sich Künstler oder Publizisten über die Künstlersozialkasse krankenversichern.

 

Wer entscheidet, ob man Gewerbetreibender oder Freiberufler ist?

Ob man Gewerbetreibender oder freiberuflich tätig ist, entscheidet das Finanzamt anhand einer von einem selbst eingereichten Tätigkeitsbeschreibung oder einer Betriebsprüfung (Außenprüfung durch das Finanzamt). Bevor man als Selbständiger relevante Informationen an die Finanzbehörden übermittelt, sollte man sich von einem Fachmann (z. B. Rechtsanwalt, Steuerberater) diesbezüglich beraten lassen.

 

Wann handelt ein Selbständiger als „Unternehmer“?

Ein Selbständiger, ob Gewerbetreibender oder Freiberufler, handelt als Unternehmer, wenn der Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Zusammenhang zu seiner beruflichen Betätigung steht.

Ein Beispiel: Man bucht als selbständiger Anwalt einen Flug zu seinem nächsten Kunden. In diesem Fall handelt man als Unternehmer, da die Buchung der beruflichen Tätigkeit zuzuordnen ist. Verkauft man seinen beruflich genutzten Schreibtisch, gilt man bei diesem Rechtsgeschäft ebenfalls als Unternehmer. Mietet man jedoch für sich und seine Familie eine private Wohnung, so tut man dies als Verbraucher.

Bei der Beurteilung, ob man als Unternehmer handelt, kommt es also immer auf das konkrete Rechtsgeschäft an. Ist dieses der selbständigen Tätigkeit zuzuordnen, gilt man als Unternehmer. Handelt man als Privatperson, gilt man als Verbraucher und genießt den Verbraucherschutz.

 

Wann hat ein Selbständiger eine Firma?

Ein Selbständiger hat nur dann eine Firma, wenn:


  • er ein Gewerbetreibender ist und

  • in das Handelsregister eingetragen ist.


Der Begriff „Firma“ stammt aus dem Handelsrecht und bezeichnet nicht ein Unternehmen als Ganzes, sondern lediglich den Namen, unter welchem ein Kaufmann seine geschäftliche Tätigkeit betreibt. Ein Selbständiger, der nicht ins Handelsregister eingetragen ist, hat oder ist keine Firma im handelsrechtlichen Sinne.

Wie eine Firma gebildet werden muss, regeln die Vorschriften des Handelsgesetzbuchs. Die Firma muss zur Kennzeichnung des Unternehmens geeignet sein, Unterscheidungskraft besitzen und darf nicht irreführend sein. Als Faustregel gilt: Der oder die Inhaber des Unternehmens müssen eindeutig feststellbar sein. Das bedeutet für gewerbetreibende Kaufleute: Da das Unternehmen im öffentlich einsehbaren Handelsregister eingetragen ist, können Geschäftspartner dort überprüfen, wer hinter der Firma steckt. Fantasienamen sind also möglich. Freiberufler und andere Nicht-Kaufleute sind in der Regel nicht ins Handelsregister einzutragen. Hier muss der Name des Inhabers aus der Unternehmensbezeichnung hervorgehen.

 

Muss sich ein Selbständiger ins Handelsregister eintragen lassen?

Grundsätzlich nein. Als Gewerbetreibender muss man sich nur dann ins Handelsregister eintragen, wenn das Unternehmen „nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb“ erfordert. Zu berücksichtigen sind hierbei unter anderem:


  • der Jahresumsatz oder Gewinn,

  • die Art und Anzahl der Geschäftsvorgänge,

  • die Größe der Geschäftsräume,

  • die Anzahl der Beschäftigten,

  • die Art der Buchführung.


Andere Selbständige, zum Beispiel Kleingewerbetreibende und Freiberufler, dürfen sich freiwillig ins Handelsregister eintragen lassen und zum Kaufmann werden.

 

Wichtige Themen für Selbständige

Über folgende Themen sollten Sie sich als Selbständige Gedanken machen:

·     Geschäftsidee

    Eine Geschäftsidee steht am Anfang aller Existenzgründungen. Egal ob Sie sich als Friseur selbstständig machen, nebenberuflich als Berater tätig werden oder selbstgemachte Artikel über das Internet verkaufen wollen.

 

·     Businessplan

    Die Erstellung eines Businessplans ist hilfreich bei der Unternehmensgründung. Hierbei wird der Frage nachgegangen, wie Sie Ihr Ziel erreichen wollen. Ein gut ausgearbeiteter Businessplan hilft Ihnen dabei, Ihre eigenen Ziele und Gedanken zu ordnen und erhöht somit die Chancen auf Erfolg.

 

·     Unternehmensfinanzierung und Förderprogramme

Eine gute Idee und ein ausgearbeiteter Businessplan alleine reichen nicht immer aus. Häufig ist ein ausreichendes Startkapital notwendig, um überhaupt erst einmal tätig werden zu können. Insofern muss auch die Frage der Unternehmensfinanzierung geklärt werden.

 

·     Gewerbliche Tätigkeit oder freiberufliche Tätigkeit

Der Großteil der Tätigkeiten fällt unter die gewerbliche Tätigkeit und muss daher beim örtlichen Gewerbe- bzw. Ordnungsamt angemeldet werden.

Die Freiberufler müssen ihre Tätigkeit nicht beim Gewerbeamt anmelden, sondern wenden sich direkt an das für sie zuständige Finanzamt, um dort ihre freiberufliche Tätigkeit anzugeben.

Die Einschätzung, welcher Beruf als eine freiberufliche Tätigkeit eingestuft wird, ist nicht immer ganz einfach. Daher sollten Sie sich im Zweifelsfall vorab von Ihrem Finanzamt eine Auskunft einholen.

 

·     Rechtsform

Wer ein Unternehmen gründet, muss sich zunächst für eine Rechtsform entscheiden. Die Wahl der Rechtsform wirkt sich auf mitgliedschafts- und haftungsrechtliche sowie steuerliche Aspekte aus. Für den Einstieg in die Selbstständigkeit werden häufig Einzelunternehmen (für Ein-Personen-Gründungen) gegründet. Es stehen jedoch diverse weitere Rechtsformen zur Verfügung, wie Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Partnerschaftsgesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Kommanditgesellschaft, etc. Insofern ist es ratsam, sich vorab bei einem Rechtsanwalt oder Steuerberater beraten zu lassen, welche Rechtsform in Ihrem Fall am besten geeignet wäre.

 

·     Standortfrage

Auch der Standort Ihres Unternehmens sollte gut gewählt sein. So entsteht für Sie beispielsweise die Frage, ob Sie Ihr Geschäft erst einmal von zu Hause aus betreiben oder eigene Büroräume dafür anmieten wollen. Der richtige Standort kann für den Erfolg Ihres Unternehmens entscheidend sein.

 

·     Buchführung

In der Buchführung werden alle Geschäftsvorgänge einer Unternehmung anhand von Belegen erfasst. Anhand dieser Belege können Unternehmensgründer schnell und einfach ihre Ein- und Ausgaben überblicken und kommen gleichzeitig der Informationspflicht für verschiedene Behörden wie dem Finanzamt nach.

 

·     Scheinselbstständigkeit

Möglicherweise entsteht für Sie auch die Frage, ob Sie nicht scheinselbständig sind. Eine Scheinselbständigkeit liegt vor, wenn eine Person als selbständig gilt, aber tatsächlich die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung aufweiset. Mit der Scheinselbstständigkeit werden sozialversicherungspflichtige Anforderungen umgangen, was wiederum strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Im Fall einer Scheinselbstständigkeit müssen nämlich die Beiträge zur gesetzlichen Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung von dem Mitarbeiter und seinem Auftraggeber gemeinsam gezahlt werden. Relevant könnte das Thema der Scheinselbstständigkeit insbesondere für freie Mitarbeiter und für Einzelunternehmer mit nur einem oder wenigen Auftraggebern sein. Ob Scheinselbstständigkeit vorliegt, prüft die Deutsche Rentenversicherung Bund durch ein sogenanntes Statusfeststellungsverfahren. 

 

·     Steuern

Umsatzsteuer, Gewerbesteuer, Körperschaftsteuer - dem Thema „Steuern" können sich die Selbständigen nicht entziehen.

Es ist daher ratsam, sich bereits vor dem Beginn der Tätigkeit Gedanken zu diesem Thema zu machen und sich von einem Fachmann (z. B. Steuerberater) beraten zu lassen.

 

·     Versicherungen und Vorsorge

Auch das Thema „Versicherungen“ gilt es für Selbständige ausreichend zu berücksichtigen. Durch Vorsorge können Sie die betrieblichen Risiken (z. B. Maschinenschaden, Feuer) und die persönlichen Risiken (z. B. Krankheit, Unfall) minimieren.

Es steht eine Vielzahl an Versicherungen zur Auswahl. Welche davon tatsächlich notwendig sind, hängt natürlich auch von der jeweiligen Dienstleistung ab. Ein Transportunternehmen sollte beispielsweise über eine Transportversicherung nachdenken, um die transportierten Güter vor Verlust oder Schäden zu schützen.

Ein großes Augenmerk sollten Selbstständige jedoch auch auf ihre persönliche Absicherung legen, um bei Unfall oder Krankheit ausreichend geschützt zu sein.

 
 
 

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